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Bevölkerungswachstum, Fehlentscheidungen, langsames Bauen, konkurrierende Forderungen: Das sind nur einige der Ursachen der Wohnungskrise in Deutschland. Das Problem ist komplex und Lösungsvorschläge können unbeabsichtigte Folgen haben.

Eine häufige Smalltalk-Frage in den meisten Städten könnte sein: “Was machst du?” In Berlin heißt es häufiger “Wie hoch ist deine Miete?” Fragen Sie jeden, der schon lange genug hier ist und sie werden Ihnen wahrscheinlich sagen: Jeder Zeitpunkt war besser als der aktuelle, zumindest wenn es darum geht, eine anständige Wohnung zu einem guten Preis zu finden. Im Durchschnitt befinden sich die Berliner Mieten etwa in der Mitte von 35 EU-Städten im Jahr 2020 – niedriger als Dublin und München, aber mehr als Brüssel und Rom.

“Die Nachfrage wächst, aber Flächen können nicht gleich dort zur Verfügung gestellt werden, wo sie sein müssen”, sagte Reiner Wild, der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins.
In absoluten Zahlen kann Berlin immer noch billig erscheinen. Aber auch die Einkommen sind niedriger und die Wohnkosten steigen schneller als in vielen anderen deutschen Großstädten. Berlin verzeichnet laut Eurostat einen einjährigen Anstieg der Mietpreise um 6% – doppelt so viel wie München. Die Mieten haben sich laut Numbeo, einem Lebenshaltungskostenrechner, in weniger als einem Jahrzehnt etwa verdoppelt.

Das daraus resultierende finanzielle Schleudertrauma für Mieter, die in Deutschland die Zahl der Hausbesitzer bei weitem übertreffen, hat weitreichende Auswirkungen auf die Wirtschaft. Mehr Geld für die Miete bedeutet weniger für andere Ausgaben. Fast die Hälfte aller städtischen Haushalte in Deutschland gibt mittlerweile mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für Miete aus, so eine im August veröffentlichte Studie der Hans-Böckler-Stiftung.

“Neubauten können den Verlust an bezahlbarem Wohnraum nicht jedes Jahr kompensieren”, sagte Wild.

Singles und Alleinerziehende spüren den Druck besonders, ebenso wie Menschen in der Mitte der sozioökonomischen Leiter – weder arm genug, um staatliche Hilfen zu erhalten, noch reich genug, um selbst höhere Mieten zu erhalten oder kostspielige, oft rechtlich fragwürdige Wohnverhältnisse zu akzeptieren.

Diejenigen, die Anspruch auf Unterstützung haben, einschließlich des Rechts, in Sozialwohnungen zu leben, können kaum mehr tun, als zu warten. Um das Defizit zu decken, bräuchte es 60 Jahre Neubau, so die Berechnung der Hans-Böckler-Studie.

“Aufgrund unterschiedlicher Mieten ist die Wohnsituation nicht nur Ausdruck sozialer Ungleichheit in Städten, sondern selbst ein Faktor dafür”, heißt es in der Studie.